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Und alle so still

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Und alle so still


von Mareike Fallwickl

Der Roman wird vom Verlag beworben mit den Worten: "Ein großer feministischer Gesellschaftsroman über Widerspruchsgeist und Solidarität". Es ist ein feministischer Gesellschaftsroman, über den es sich lohnt zu diskutieren. Ob "groß" sei dahingestellt, es ist aber ist auf jeden Fall ein Roman, der provoziert. Thema ist die Tatsache, dass immer noch ein frapierendes Ungleichverhältnis hinsichtlich der Verteilung der Aufgaben im Care-Bereich zu Lasten von Frauen existiert - ob nun beruflich oder privat. Dies wird radikal in Szene gesetzt: Was wäre, wenn Frauen in Generalstreik treten würden? Nicht, um gegen die Männer als Verursacher von Krieg und Gewalt zu protestieren (s. Lysistrata von Aristophanes), sondern um eine gesellschaftliche Veränderung zu bewirken.

Inhalt:

Der Roman beschreibt aus verschiedenen Perspektiven die Hintergründe des Protestes. Alle Personen sind auf unterschiedliche Weise Opfer des Systems. Elin, Anfang zwanzig, wird zum Opfer, aufgrund ihrer Offenheit. Ihre Großmutter, die sie bisher nicht kannte, Opfer durch Unterdrückung durch ihren Ehemann. Nuri, neunzehn, Schulabrecher im Niedriglohnsektor beschäftigt, Opfer seiner mittellosen Herkunft. Ruth, Mitte fünfzig ist aufopfernde Pflegekraft ohne Privatleben. ...

Sie werden auf einen Protest aufmerksam, der ganz klein beginnt: einige Frauen liegen reglos, in stillem Protest auf der Straße. Über die sozialen Medien wird daraus schnell eine große Bewegung. Frauen schließen sich an, solidarisieren sich, suchen neue Wege des Zusammenlebens, helfen sich gegenseitig und verweigern das, was sonst von ihnen erwartet wird. Was dann passiert...

Ich mochte sehr die leisen Töne zwischen den radikalen Zeilen. Wie sich Frauen finden, wo Gesten und wenige Worte genügen um sich zu verstehen und eine Zeit gemeinsam zu gestalten.

Die radikale Überzeichnung ist legitim und auch die Schicksale der Frauen bewegen - und das des einzigen positiv dargestellten Mannes. Mir war es beim Lesen manchmal des Guten zu viel. Die Autorin hat den Anspruch, einfach alles an sozialen Fragen und Misständen in dem Roman bzw. ihren Figuren unterzubringen. Doch das Lesen lohnt sich trotzdem, als Anstoss, um sich selbst, andere und die Strukturen zu hinterfragen.


Rowohlt Buchverlag, 368 S., EUR 23.--
Erscheinungstermin: 16.04.2024

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