Romane 2/19
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Max, Mischa und die Tet-Offensive
Handlung: Max Hansen wächst in Norwegen auf. Genauer: im Stavanger der 80er Jahre, wo die Väter für Monate auf Ölplattformen verschwinden, während die Kinder im Märchenwald Vietnamkrieg spielen. Ein Idyll - bis Max‘ Familie in die USA emigriert. Verlag: Rowohlt, 1248 Seiten EUR 34.-- |
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Auf Erden sind wir kurz grandios
Einer der meistbesprochenen und gelobeten Romane dieses Herbstes! Der Debütroman des Autors. Ein sprachlich außergewöhnliches Werk, diese Reise des Protagonisten und Autors in die Vergangenheit, seine Kindheit, nach Vietnam. Inhalt: „Lass mich von vorn anfangen. Ma …“ Der Brief eines Sohnes an die vietnamesische Mutter, die ihn nie lesen wird. Die Tochter eines amerikanischen Soldaten und eines vietnamesischen Bauernmädchens ist Analphabetin, kann kaum Englisch und arbeitet in einem Nagelstudio. Sie ist das Produkt eines vergessenen Krieges. Der Sohn, ein schmächtiger Außenseiter, erzählt – von der Schizophrenie der Großmutter, den geschundenen Händen der prügelnden Mutter und seiner tragischen ersten Liebe zu einem amerikanischen Jungen. Vuong schreibt mit alles durchdringender Klarheit von einem Leben, in dem Gewalt und Zartheit aufeinanderprallen. Das kraftvollste Debüt der letzten Jahre, geschrieben in einer Sprache von grandioser Schönheit. Hanser Verlag, 240 S., EUR 22.- |
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Archiv der verlorenen Kindervon Valeria Luiselli Inhalt: Eine Patchwork-Familie aus New York, bricht zu einer Reise auf. Das Ziel ist Apacheria, das Land, in dem einst die Apachen zu Hause waren, der Hintergrund: ein Forschungsauftrag. Sie fahren durch Wüsten und Berge, machen Halt an einem Diner, wenn sie Hunger haben, und übernachten, wenn es dunkel wird. Gleichzeitig sind Tausende von Kindern aus Südamerika auf dem Weg in den Norden zu ihren Eltern, die schon in den USA leben. Jedes hat einen Rucksack dabei mit einem Spielzeug und sauberer Unterwäsche. Die Kinder reisen mit einem Coyote: einem Mann, der ihnen Angst macht. Sie haben einen langen Marsch vor sich, für den sie sich Essen und Trinken einteilen müssen. Sie klettern auf Züge und in offene Frachtcontainer. Nicht alle kommen bis zur Grenze. Mit literarischer Virtuosität verknüpft Valeria Luiselli Reise und Flucht zu einem vielschichtigen Roman, zu einer bewegenden und brandaktuellen Geschichte darüber, was Flucht und was Menschlichkeit bedeuten in einer Welt, die aus den Fugen geraten ist. (Der Verlag) Verlag Antje Kunstmann 432 Seiten, EUR 25.--- |
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Wo wir waren
Den Roman habe ich sehr gerne gelesen. Meisterhaft verknüpfte Erzählstränge, glaubwürdige Charakteren, gute Beobachtung der Zeit. Kleiner Kritikpunkt: Manchmal übertrieben authentische Schilderung der "Reliquen" der damaligen Zeit - 70erJahre ("Bonanza-Rad", Fernsehserien wie "Am laufenden Band", spezielle Süßigkeiten...) Aber ich bin eben ein Kind der Zeit. Übrigens wurde der Roman auch nominiert für den Deutschen Buchpreis 2019. Für die Shortlist hat es nicht gereicht. Handlung: In der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1969 betritt Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. Abermillionen verfolgen auf der Erde die Fernsehübertragung. Das machen sich einige zunutze. Martha Rohn etwa, wegen Mordes verurteilt, entkommt in jener fernsehstillen Nacht aus dem Frauenzuchthaus, und ihr fünfjähriger Sohn Hardy flieht aus dem Kinderheim, in das er als vermeintliches Waisenkind „Nummer 13“ nach ihrer Verurteilung gesteckt wurde. Er weiß nichts über sie, weiß nicht einmal, dass sie noch lebt. Ein Ehepaar nimmt sich seiner an, bietet ihm ein Zuhause in der Neubausiedlung am Kahlen Hang, im Rheingau. Da träumt er davon, eines Tages Astronaut zu werden, und tatsächlich – Jahre später, in Amerika, ist die Verwirklichung des Kindheitstraums zum Greifen nah. |
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Der Sommer meiner Mutter von Ulrich Woelk. C.H.Beck. Auch auf der Longlist Dt. Buchpreis. zum selben Thema, allerdings Beziehungsgeschichte, die am Tag der Apollo 11 Landung auf dem Mond vor 50 Jahren am 21.07.1969, die Familienidylle enttarnt. |
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Der Gott der Stadt
Eine großartige Erzählung über das Leben von Schauspiel- und Dramaturgiestudenten im Berlin kurz nach der Wende. Verknüpft mit dem Schicksal eines zu früh verstorbenen Dichters in den 20er Jahren, dessen Faust-Fragment die Studierenden inszenieren sollen. Handlung: Am Anfang steht der Tod. Jemand versinkt zwischen geborstenen Eisschollen und eine Leiche baumelt von der Decke eines Theaters. Die Todesfälle liegen Jahrzehnte auseinander, doch es ist der gleiche Todestag: der 16. Januar. Im Winter 1912 ertrank Georg Heym beim Schlittschuhlaufen, 1995 werden die Novizen einer elitären Schauspielschule im gerade wiedervereinten Berlin auf sein verrätseltes Faust-Fragment angesetzt. Angestachelt von ihrem Professor verstricken sie sich immer tiefer in den Gedankenlabyrinthen des genialischen Dichters. Der psychologische Druck steigt, Konkurrenz entflammt, Wahn und Wirklichkeit beginnen zu verschwimmen. Dann wird ein Toter auf der Probebühne der Schule gefunden. War es Mord, Selbstmord - oder doch ein Teufelspakt?
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Das flüssige Land
Ein Ort, der nirgendwo verzeichnet ist, zu dem keine Straße führt, der offensichtlich nicht gefunden werden soll, der völlig autark und ohne Außenbeziehungen lebt. Dort herrscht eine Gräfin, die auf kuriose Weise alles Leben und Handeln n der Gemeinde bestimmt. Doch sie ist der wachsenden geographischen Gefahr, einem gigantischen Hohlraum unter der Gemeinde, der die Häuser zum Einstürzen bringt und das Leben der Bewohner bedroht nicht gewachsen. Vielleicht könnte die Physikerin, die es auf der Suche nach der Herkunft ihrer Eltern in das Dorf verschlägt, helfen. Verlagsbeschreibung: Der Unfalltod ihrer Eltern stellt die Wiener Physikerin Ruth vor ein nahezu unlösbares Paradox. Ihre Eltern haben verfügt, im Ort ihrer Kindheit begraben zu werden, doch Groß-Einland verbirgt sich beharrlich vor den Blicken Fremder. Als Ruth endlich dort eintrifft, macht sie eine erstaunliche Entdeckung. Unter dem Ort erstreckt sich ein riesiger Hohlraum, der das Leben der Bewohner von Groß-Einland auf merkwürdige Weise zu bestimmen scheint. Überall finden sich versteckte Hinweise auf das Loch und seine wechselhafte Historie, doch keiner will darüber sprechen. Nicht einmal, als klar ist, dass die Statik des gesamten Ortes bedroht ist. |
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Miroloi
"So eine wie ich ist hier eigentlich nicht vorgesehen." - Karen Köhlers erster Roman über eine junge Frau, die sich auflehnt. Gegen die Strukturen ihrer Gesellschaft und für die Freiheit Eine durchaus interessante Geschichte. Spätestens ab der Hälfte des Buches wird das Ende jedoch vorhersehbar. Deshalb eher der Plot und der Aufbau der Geschichte interessant und: die Nebenfiguren. Hanser, 464 S., gebunden EUR 24.-- |
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Das Schöne, schäbige, schwankende
von Brigitte Kronauer Von Brigitte Kronauer kurz vor ihrem Tod fertiggestellt. 39 Porträts von Menschen, die sich in ihrem Leben mit einer dramatischen Wendung konfrontiert sehen. Klappentext: Ein Haus im Wald mit blauen Schlagläden. An den Wänden Schautafeln, über und über mit Vögeln bedeckt, im lichten Geäst der Stämme Vogelgezwitscher. Der Schriftstellerin, die vorübergehend im Haus des Ornithologen lebt, will mit ihrem Roman nicht recht vorankommen. Stattdessen drängen sich ihr die Vögel des Waldes auf, und bald schon schälen sich aus ihnen die Gesichter von Freunden und deren Geschichten: die Schönen, die Schäbigen und die Schwankenden. Unbehelligt verfasst sie eine Geschichte nach der anderen, bis es eines Nachts an die blauen Schlagläden klopft und der Ornithologe sein Haus zurückfordert. Klett-Cotta, 596 S., gebunden EUR 26.-- |
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Die Zeuginnen
Die Fortsetzung von „Der Report der Magd“ Verlagsbeschreibung: „Und so steige ich hinauf, in die Dunkelheit dort drinnen oder ins Licht.“ - Als am Ende vom „Report der Magd“ die Tür des Lieferwagens und damit auch die Tür von Desfreds „Report“ zuschlug, blieb ihr Schicksal für uns Leser ungewiss. Was erwartete sie: Freiheit? Gefängnis? Der Tod? Das Warten hat ein Ende! Mit „Die Zeuginnen“ nimmt Margaret Atwood den Faden der Erzählung fünfzehn Jahre später wieder auf, in Form dreier explosiver Zeugenaussagen von drei Erzählerinnen aus dem totalitären Schreckensstaat Gilead. „Liebe Leserinnen und Leser, die Inspiration zu diesem Buch war all das, was Sie mich zum Staat Gilead und seine Beschaffenheit gefragt haben. Naja, fast jedenfalls.Die andere Inspirationsquelle ist die Welt, in der wir leben.“ |
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Graue Bienen
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Die Leben der Elena Silber
Nominiert für den Deutschen Buchpreis! Dieses Buch hat mich überraschend gefesselt. Ich bin keine Freundin von Familiengeschichten in turbulenter Vor- und Nachkriegszeit mit Vor- und Rückblenden, verschiedenen Erzählsträngen über die Zeit hinweg mit meist starken Frauenporträts geschrieben für ein bestimmtes Zielpublikum. Doch dieser Roman ist anders. Es beginnt mit einem Schock 1905 in Russland, der Vater von Jelena der späteren Hauptprotagonistin des Buches, da noch 2 jahre alt, wird wegen antizaristischer Propaganda in den Wirren des Putsches gegen den Zaren hingerichtet. Es folgen Flucht, Entwurzelung, neue Familienkonstellation, wieder Flucht.... Der Erzählstrang der über 100 Jahre später in Berlin spielt, erzählt die Geschichte von Konstantin, dessen Verbindung zu Elena wird zwischen den Zeilen aufgedeckt. Sie war seine Großmutter. S. Fischer, 624 S., gebunden EUR 24.- |
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Dieser weite Weg
von Isabel Allende Spanien unter Franco, Chile unter Pinochet. Isabel Allende erzählt, wie man es von ihr erwartet. Sie fängt die politischen Geschehnisse ein und bringt sie den Leser*innen durch die Schilderung eines langen Lebens ihres Hauptprotagonisten nahe. Einer ihrer besten Romane - vor allem in den letzten Jahren. Der junge, idealistische Katalane Víctor Dalmau beginnt gerade als Arzt zu praktizieren, da bricht der Bürgerkrieg aus. Seine Familie beschließt, das belagerte Barcelona zu verlassen, aber der Marsch über die Pyrenäen endet desaströs. Unterdessen stirbt Víctors geliebter Bruder an der Front, und Víctor bringt es nicht über sich, seiner hochschwangeren Schwägerin Roser, einer angehenden Pianistin aus armen Verhältnissen, die ganze Wahrheit zu sagen. Und auch in Frankreich ist kein Bleiben, deshalb organisiert Víctor für Roser und sich in letzter Minute eine Überfahrt nach Südamerika. Im chilenischen Exil wächst sich ihre Verbundenheit nach und nach zu etwas Größerem aus, ist es Liebe? Rosers harte Arbeit zahlt sich jedenfalls aus, sie wird weithin gefeiert für ihr Klavierspiel. Für sie und Víctor scheint ein spätes gemeinsames Glück greifbar nahe – bis plötzlich eine weitere politische Katastrophe ihre Pläne zu vereiteln droht … Suhrkamp, 381 S., gebunden EUR 24.-- |
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Nacht in Caracas
Politischer Roman über Venezuela. Ein packendes Zeitdockument über Chaos, Elend, Terror in den letzten 20 Jahren. Verlagsbeschreibung: Karina Sainz Borgos Roman "Nacht in Caracas" ist ein intensives literarisches Debüt über das Schicksal einer jungen Frau und ein virtuoses Portrait eines untergehenden Landes. S.Fischer, 224 S., gebunden EUR 21.-- |
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Der Traum von China
von Ma Jian Verlagsbeschreibung: In einer schneidenden, Orwell'schen Satire auf Präsident Xi Jinpings "Traum von China"-Propaganda zeigt Ma Jian, was für Mächte da am Werk sind: China heute ist ein totalitärer Überwachungsstaat modernster Prägung mit einer Mischung von nationalistischer Ideologie, grenzenlosem Materialismus und einer Herrschaft durch Gewalt und Lügen. In diesem Roman, der Kunst und Aufruf zum Kampf zugleich ist, verbindet sich die tragische und absurde Realität mit den Kräften des Mythos und der Phantasie zu einem ungeschönten Porträt des Landes an der Schwelle zur Weltherrschaft. Handlung: Einen höheren chinesischen Provinzbeamten verfolgen immer häufiger Albträume aus seiner gewalttätigen Vergangenheit in Zeiten der Kulturrevolution. Dabei hat er eigentlich, im Sinne von Xi Jinpings Ideen von einer "verjüngten Gesellschaft", den Auftrag, die Vergangenheit ruhen zu lassen und ein neues China zu erschaffen. Die ausgegebene Parole des "Traumes von China" will der Beamte durch "Gleichschaltung der Träume" erreichen. Das geht sehr ins Absurde aber in der Überzeichnung leigt die Kraft. zum Autor: Rowohlt, 192 S., gebunden EUR 22.- |
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Hier sind Löwen
von Katerina Poladjan Ein wichtiges, bisher sehr vernachlässigtes Thema zumindest als Erzählung: der Völkermord an den Armeniern. Nominiert für den Deutschen Buchpreis. Longlist Handlung: Helen, eine Buchrestauratorin, hospitiert in einem Museum in Jerewan, Ziel ist die Restaurierung einer 100 Jahre alten armenischen Bibel. Helen, die auch armenische Wurzeln hat, aber weder die Sprache spricht, noch sich irgendwann mit ihrer Familiengeschichte auseinandergesetzt hat, sieht sich jetzt damit konfrontiert. Parallel dazu wird die Geschichte des Ursprungs der alten Bibel erzählt. Sie war 1915 das Einzige, was den armenischen Geschwistern Anahid und Hrant auf ihrer Flucht blieb. Helen taucht ein in die Rätsel des alten Buches, in das moderne Armenien und in eine Geschichte vom Exil, vom Verlorengehen und vom Schmerz, der Generationen später noch nachhallt. Und sie bricht auf zu einer Reise an die Schwarzmeerküste und zur anderen Seite des Ararat. S. Fischer, 22 S., EUR 22.-- |
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Der Gesang der Flusskrebse
von Delia Owens Ein Naturroman, ein Lob auf das Marschland in North Carolina. Aber auch eine Erzählung über das Erwachsen werden, über ein Mädchen, das lernen muss allein in der Wildnis zu leben und lernen sich gegen Mißtrauen und Verdächtigungen der übrigen Bewohner zu verteidigen. Nicht kitschig, auch wenn man dies vom Plot vermutet. Handlung: Die Familie von Kya Clark löst sich auf. Alle verschwinden sie in ein anderes, besseres Leben. Sie bleibt mit ihrem Vater zurück und muss bald auch ohne ihn, alleine klarkommen. Sie lebt im Einklang mit der Natur, im Marschland mit seinen Salzwiesen und Sandbänken. Sie kennt jeden Stein und Seevogel, jede Muschel und Pflanze. Als zwei junge Männer auf die wilde Schöne aufmerksam werden, öffnet Kya sich einem neuen Leben – mit dramatischen Folgen. Sie wird getäuscht und gerät in den Fokus der Gemeinde, denen sie immer ein Rätsel war. hanserblau, 464 S., gebunden, EUR 22.-- |