Übersicht
Lektionen
Zudem sind deren Lebensläufe eingebettet in die jüngste Geschichte Europas, v.a. von England und Deutschland, ausgehend vom Ende des 2. Weltkriegs bis ins heutige 2022. Oder, wie es der Verlag auf den Punkt bringt: Ian McEwan erzählt das Auf und Ab eines ganzen Menschenlebens. Eine Meditation über den Einfluss der großen Geschichte auf unser kleines Schicksal, über verpasste Chancen, verschlungene Wege und das, was bleibt. (Diogenes Verlag) Roland wächst als Sohn eines britischen Armeeoffiziers in Libyen auf. Es ist ein Schock, als er mit elf Jahren nach England ins Internat geschickt wird, zweitausend Meilen von seiner Mutter entfernt. Dort macht er, viel zu jung, eine Begegnung, die tiefe Wunden hinterlassen wird. Und die Erinnerung an eine Liebe, die niemals verblasst. Als junger Mann lässt sich Roland durchs Leben treiben, er hat vielfältige Talente, aber keine großen Ambitionen, und hangelt sich von einem Job als Texter und Barpianist zum nächsten, von einer Frau zur nächsten. Bis er beim Deutschunterricht im Goethe-Institut Alissa Eberhart kennenlernt, eine Frau mit einer umwerfenden Sinnlichkeit, deren Willen, etwas zu werden und zu erschaffen, aber stärker ist als er – und sogar stärker als die Familie, die sie zusammen gründen. Von der Kindheit bis zum hohen Alter, von der Suez- über die Kubakrise, den Fall der Berliner Mauer bis hin zu Pandemie und Klimawandel. |
|
Spitzweg
Ein kunstvolles Versteckspiel, eine Bildungssatire! Mit viel Raffinesse und voller Anspielungen und den gestelzt sprechenden und handelnden Personen, kommt einem das Ganze absolut übertrieben und "aus der Zeit gefallen" (Zitat aus dem Roman) vor. Und trotzdem, oder deswegen: ein Lesevergnügen und eine Abfrage des klassischen Wissens und Kunstverständnisses bzw. ein Abgesang auf dieses. "Ein regressiver Flirt mit dem Biedermeier" so bezeichnet es Ijoma Mangold und weiter: "So viel gespreizter Finger war selten in der deutschen Gegenwartsliteratur" Handlung: Schauplatz der Geschichte ist ein humanistisches Gymnasium. Eine Mitschülerin, Kirsten, bekommt im Kunstunterricht der Oberstufe, von ihrer Lehrerin als Kommmentar zu ihrem Selbstporträt: "Mut zur Hässlichkeit", was diese absolut verstört und kränkt. Zwei Mitschüler, der bornierte Carl und Kirstens Banknachbar, der Ich-Erzähler, beide Anhänger klassischer Kunst, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven, schmieden einen Racheplan. Die Mitschülerin wird verschwinden und kunsthistorisch aufgeladene Bildbotschaften senden, um der Lehrerin für ihr Fehlverhalten einen gehörigen Schrecken einzujagen. Es beginnt ein intelligentes Versteckspiel. Auch weitere Figuren berühmter Gemälde tauchen im Laufe der Handlung als Symbole auf. Sie alle stehen als Botschaften für das Handeln der Protagonist:innen, aber auch im übergeordenten Sinn für die Frage des Verhältnisses von Kunst und Alltagsleben. Wie auch immer, in der Gesamtheit führt es "einfach" zu einem intelligent komponierten Roman. |
|
Jahre mit Martha
Ein ungleiches Paar in einer ungleichen Gesellschaft: |
|
Die Tochter des Kommunisten Inhalt: Erzählt wird die Familiengeschichte aus der Sicht der Tochter, die in der Nachkriegszeit in Ostberlin aufgewachsen ist. Als Jugendliche ist sie hin- und hergerissen, zwischen ihrer Heimat, Ostdeutschland, ihrer engen Verbundenheit zu ihrer Familie - und, den Freiheiten, die der Westen und die Liebe ihr versprechen.
|
|
Aufruhr der Meerestierevon Marie Gamillscheg Inhalt: Luise ist klug, Luise ist unabhängig, Luise ist eine Insel. Als Meeresbiologin hat Luise sich einen exzellenten Ruf erarbeitet, ihr Spezialgebiet: die Meerwalnuss, eine geisterhaft illuminierte Qualle im Dunkel der Ozeane. Eine, durch ihre schnelle massenhafte Verbreitung und Verdrängung anderer Arten, als Plage eingestuft. Die eigentümliche Faszination von Luise für diese Quallenart, steht sinnbildlich für ihre, Luises, persönlichen und familiären Probleme: Öffentliche Auftritte bewältigt sie nur mit Mühen, seit Kindheit leidet sie unter Esstörungen und Neurodermitis. Ekel und Faszination bezüglich Äußerlichkeiten liegen nahe beieinander, sie reagiert geradezu körperlich auf alle nicht routinegesteuerten Tätigkeiten. Ihre Beziehungen zu Familienmitgliedern und Freund:innen, Kolleg:innen stellen sie vor große Herausforderungen. Fast ist es bei ihr wie bei ihren Quallen: sie ist hautsensibel, wäre am liebsten fast unsichtbar und geschützt durch den Verband mit anderen. Als Luise für ein Projekt mit einem renommierten Tierpark nach Graz reisen soll, zögert sie nicht lange, dort könnte sie sich wieder erden. Doch Graz, das ist auch ihre Heimatstadt, das ist die Wohnung ihres abwesenden und plötzlich erkrankten Vaters. Und das ist die Geschichte einer jahrelangen Sprachlosigkeit und Fremdheit zwischen ihnen. Sehr intensives Buch. Dicht erzählt ohne Höhen- und Tiefpunkte. |
|
Elizabeth Finch
Inhalt, Verlagsbeschreibung: Ein Roman über eine platonische Liebe und den Tod einer besonderen Frau, der zum Anlass für die tiefere Auseinandersetzung eines Mannes mit Liebe, Freundschaft und Biografie wird. Neil, gescheiterter Schauspieler, Vater und Ehemann, besucht an der Abenduni eine Vorlesung zur Kultur und Zivilisation und ist fasziniert von der stoischen und anspruchsvollen Professorin Elizabeth Finch. Er hat zwar Affären und Liebeleien, doch prägt das Ringen um ihre Anerkennung sein Leben. Auch nach Beendigung des Studiums bleiben die beiden in Kontakt. Als sie stirbt, erbt Neil ihre Bibliothek und Aufzeichnungen - und stürzt sich in ein Studium Julian Apostatas, der für Elizabeth Finch ein Schlüssel zur Bedeutung von Geschichte an sich war: Der römische Kaiser wollte im 4. Jahrhundert das Christentum rückgängig machen. Wer war Julian Apostata? Und was wäre passiert, wenn er nicht so jung gestorben wäre? Der Schlüssel zur Gegenwart liegt nicht selten in der Verhangenheit, das zeigt dieser kenntnisreiche Roman auf unnachahmliche Weise. |
|
Ich bin nicht da
Nach ihrem aufsehenerregenden Debüt »Und es schmilzt« ist Lize Spits zweiter Roman noch nervenzerreißender, noch emotionaler und noch persönlicher. Handlung: Leo ist seit zehn Jahren mit Simon zusammen. Er ist der wichtigste Mensch in ihrem Leben, und viele andere sind da auch nicht. Eines Nachts kommt Simon wie ausgewechselt nach Hause, völlig überdreht, mit neuer Tätowierung, neuen Freunden, neuen Zukunftsplänen. Er schläft immer weniger und wird zunehmend paranoid. Eine manische Episode hat Leos große Liebe fest im Griff. Als sie begreift, wozu Simon jetzt fähig ist, ist es vielleicht zu spät. Zu lange hat Leo alles für ihn aufs Spiel gesetzt. Nun bleiben ihr genau elf Minuten, um eine Tragödie zu verhindern, die nicht nur ihr Leben für immer verändern würde. |
|
Als die Welt zerbrach
John Boyne ist ein großartiger Autor, deshalb gelingt es ihm auch so gut, Spannungsbögen aufzubauen und einen bis zum Schluss in seinen Bann zu ziehen. Das birgt die Gefahr in sich, wie z.B. hier in diesem Roman geschehen, manchmal über die Stränge zu schlagen. Als hätte die zentrale Frage von Schuld und Unschuld nicht ausgereicht, es kommen zum wirklichen tragischen Geschehen noch hinzu: eine grenzenlose Naivität der nach Frankreich geflüchteten Mittäterinnen, Zufälle, die unglaubwürdig erscheinen, dann in der Gegenwart der erzählten Zeit, ein Mann der seine Frau und seinen Sohn unterjocht und schlägt, Erben, die ihre Mütter aus Profitstreben möglichst schnell in ein Altersheim verfrachten wollen, Erpressung, Verschwörung und ein Todesfall... Langweilig wird der Roman nie! Inhalt, Verlagsbeschreibung: 1946. Drei Jahre nach dem katastrophalen Ereignis, das ihre Familie zerriss, fliehen eine Mutter und ihre Tochter von Polen nach Paris. Blind vor Sorge und Schuldgefühlen ahnen sie nicht, wie schwer es ist, der Vergangenheit zu entkommen. Fast achtzig Jahre später führt Gretel Fernsby in ihrem Londoner Villenviertel ein ruhiges Leben, Welten entfernt von der traumatischen Kindheit. Als eine junge Familie in die Wohnung unter ihr zieht, hofft sie, dass die eingespielte Hausgemeinschaft nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Doch der neunjährige Henry weckt Erinnerungen, denen sie sich nicht stellen will. Gretel steht plötzlich vor der Wahl zwischen ihrer eigenen und Henrys Sicherheit. Gewinnt die Verantwortung, oder macht sie sich mitschuldig, wie damals? Wenn sie jetzt eingreift, riskiert sie, Geheimnisse preiszugeben, die sie ein Leben lang gehütet hat … |
|
Das Gesetz der Natur
Inhalt: erschienen am 28. September 2022 |
|
Auf See
von Theresia Enzensberger Theresia Enzensbergers Roman erzählt von den utopischen Versprechen neuer Gemeinschaften. Aktuell: "Vineta" von diesem fiktiven Projekt erzählt der Roman. Die Seestatt, das alternative Lebensprojekt von Nicholas Verney, ist Heimat der jungen Tochter des Gründers, Yada. Sie ist dort aufgewachsen, lebt dort und erzählt von ihrem Alltag. Im zweiten Erzählstrang wird ein Bild der Menschen gezeichnet, die, vom Untergang geweiht, jenseits der Insel leben. Beide Erzählstränge sind durch die erzählenden Personen verbunden, was sich im Laufe der Handlung herauskristallisiert. Unterbrochen werden die Handlungsstränge durch die sogenannten Aufzeichnungen aus dem Archiv. Und das ist für mich eigentlich der interessanteste Part. Inhalt: Der Wissenschaftler, Nicholas Verney, initiiert, als Antwort auf Klimakatastrophen, ein alternatives Lebensprojekt: er lässt eine Insel bauen. Die Erzählung setzt ca. 15 Jahre danach ein. Das Projekt, dem nachhaltigen Leben und Wirtschaften verpflichtet, wird beschrieben als ein architektonisches Wunderwerk: Vierzig wie Waben miteinander verbundene Einheiten und Gemeinschaftsstationen, in der Ostsee verortet, zwischen Küstenmeer und hoher See. Um die Insel herum, ein mächtiger Wellenbrecher, dahinter Windräder. Die Gemeinschaft sollte autark vom Festland sein. Sie bekam den Namen "Vineta". Verney stellte hochkarätige Wiss188enschaftler:innen ein, die vor Ort Forschung zu verschiedenen nachhaltigen Projekten der Insel betreiben sollten; er holte Mediziner an Bord, die die Bewohner mit speziellen Biohacking-Kuren versorgen sollten. Nicht zuletzt wurde es ein großes Finanzierungsprojekt. Doch schon nach wenigen Monaten drangen Berichte über Unstimmigkeiten zwischen fast allen Beteiligten an die Öffentlichkeit. Übrig blieb auf Vineta ein harter Kern aus Waffenliebhabern, Utopisten und Preppern. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Geschichte um Yada und die anderen Protagonisten jenseits der Insel, deren Leben, deren Scheitern und den Verbindungen zwischen den Menschen. Im Archiv, dem "Sachteil" des Romans berichtet die Autorin in essayistischem Stil, über andere utopische Projekte, wie dem "New Atlantis" von Leicester Hemingway, dem Projekt "Green Mountain" von Darwin, dem "Königreich Poyais" des Betrügers Gregor MacGregor, dem Inselstaat "Nauru", von "Scientology" und natürlich "Libertatia". Insgesamt alles interessant. Mir fehlte die Tiefe in den Erzähltexten und der Anlage der Figuren, die doch alle sehr blass geblieben sind. Aber durchaus lohnenswert zu lesen, v.a. aufgrund von Denkanstössen über Möglichkeit und Scheitern alternativer Lebenskonzepten. Hanser Verlag, 269 S., EUR 24.-- |
|
Unschuld
Die Handlung und die Protagonisten waren authentisch, das Ganze wurde mit, eigentlich typisch britischem, Humor angereicht. Die Stoffe dieTakis Würger für die Romane danach ausgewählt hat, vor allem mit "Stella" konnten nicht überzeugen, stießen teilweise auch auf herbe Kritik, da seine Art zu erzählen, den Umständen nicht gerecht werden konnte. Die Figuren blieben deshalb blaß, ihre Handlungen unreflektiert, verharmlosend. Jetzt ein neuer Roman, der mich leider auch wieder nicht hundertprozentig überzeugt hat. Es sind auch wieder starke authentische Protagonist:innen keine Frage, aber die Handlung hat Schwächen, v.a. das vorhersehbare Ende.
Molly Carver bleiben fünfunddreißig Tage, um die Unschuld ihres Vaters zu beweisen. Seit Jahren sitzt er für den Mord an dem sechzehnjährigen Casper Rosendale im Gefängnis – nun soll das Urteil vollstreckt werden. Auf der Suche nach Antworten kehrt Molly zurück in das Ostküstendorf ihrer Kindheit. Unter falschem Namen beginnt sie, als Hausmädchen für die Rosendales zu arbeiten, eine Familie, die einmal einflussreicher war als die Rockefellers.
|
|
Dagegen die Elefanten!von Dagmar Leupold Der tragische wie komische Held dieser hinreißend erzählten Geschichte ist ein Held des Alltags, ein Mann in Dienstkleidung, einer, der den Menschen etwas abnimmt, einer, dem es niemand dankt. Inhalt, Verlagsbeschreibung: Herr Harald ist der Mann in der Garderobe. Er gehört zum Theater wie der Vorhang, aber das Rampenlicht ist für andere. Eines Abends bleibt ein Mantel zurück, in dem Herr Harald eine Pistole findet. Was will er damit tun? Er kann sich schlecht gegen alles zur Wehr setzen, was ihm an der Welt und den Mitmenschen als Zumutung erscheint. Aber vielleicht kann er ihre Aufmerksamkeit auf jemanden lenken, der wie er ein Schattendasein führt: die Frau, die für einen anderen die Noten umblättert und die er aus der Ferne verehrt. Und gäbe es die Literatur nicht und Autorinen wie Dagmar Leupold, wie sollten wir wissen, was für ein Reichtum an Gedanken und Gefühlen, wie viel waches Leben und wehe Sehnsucht sich dahinter verbirgt. (Der Verlag) Dem kann ich nur zustimmen! |
|
Der letzte weiße Mannvon Mohsin Hamid Handlung: Als Anders eines Morgens erwacht, stellt er fest, dass er sich verwandelt hat: Er ist nicht mehr weiß. Vollkommen erschüttert schließt er sich in seiner Wohnung ein, meldet sich krank. Nur Oona erzählt er von seiner Verwandlung, einer guten Freundin und gelegentlichen Geliebten. Irgendwann wagt er sich wieder hinaus in die Welt und zur Arbeit. »Wenn mir das passiert wäre, ich hätte mich umgebracht«, sagt sein Chef. Immer mehr Berichte über ähnliche Verwandlungen tauchen auf: Die weiße Mehrheit im Land scheint zur Minderheit zu werden. Und sie fühlt sich bedroht. Steht ein Umsturz der bestehenden Ordnung bevor? Bald herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände in der Stadt. Oona, mittlerweile selbst verwandelt, steht Anders zur Seite, in den Wirren dieser Zeit werden sie zu einem Liebespaar. Schließlich gibt es kaum mehr weiße Menschen in der Stadt, Anders’ Vater stirbt schwerkrank als der letzte weiße Mann. Die Unruhen klingen ab – aber gelingt es den Menschen nun, einander wirklich zu sehen? |
|
Wilderer
Da ich absolut begeistert von Dörte Hansens: Mittagsstunde war und bin, ebenso wie von dem im letzten Jahr nominierten Roman für den Deutschen Buchpreis: "Mitgift von Henning Ahrens", Juli Zeh nicht zu vergessen, haben es andere Romane, die im ländlichen Milieu spielen, bei mir schwer. Bei diesem Roman, so authentisch das dörfliche und v.a. bäuerliche Leben mit allen Problemen, aber auch Entwicklungsmöglichkeiten, geschildert wird, fehlt es mir an Glaubwürdigkeit der Personen. Die Motive z.B. der Künstlerin aus der Stadt, Bäuerin zu werden, werden nur schwach beleuchtet, Jakobs Gleichgültigkeit gegenüber Dingen und Tieren, v.a. Hunden, die zu funktionieren haben auch gegen ihren Trieb, lässt sich auch auf seinen Umgang mit Menschen übertragen. Das ist auf jeden Fall die interessantere Figur im Roman. Inhalt: Jakob wächst in einer traditionell geprägten Welt in Oberösterreich auf und übernimmt früh die Verantwortung für den Hof. Der Vater ist ein Phantast, und die Großmutter droht, das „Judengeld“ der „rechten Partei“ zu vermachen, wie sie sagt. Die Schwester sitzt untätig herum und lässt sich bedienen. Erst als er Katja, eine Künstlerin aus der Stadt, kennenlernt, scheint sich alles zum Guten zu wenden. Doch es schwebt etwas fast Ungreifbares über den Menschen und dem Hof, das sich in Jakobs Ausrastern gegenüber seinen wildernden Hunden manifestiert. S. Fischer, 352 S., EUR 24.-- |
|
153 Formen des Nichtseins
Verlagsbeschreibung: Ksenia ist Russin, sie ist Deutsche, sie ist Jüdin, sie ist unter Zeugen Jehovas aufgewachsen, sie ist eine junge Frau, Mutter, Schriftstellerin und Wissenschaftlerin – das alles ist sie und gleichzeitig ist sie nichts davon. Bei der Erforschung des eigenen Identitätspluralismus sammelt sie Ebay-Anzeigen, die das Wort »russisch« enthalten, beobachtet russische Mütter in der Stadt und israelische Verwandte auf Facebook, besucht arabische Läden, dolmetscht in einer Psychotherapie für Flüchtlinge, erinnert sich immer wieder an einen traumatischen kindlichen Zustand von Orientierungslosigkeit und Fremdbestimmung, betastet misstrauisch ihren Körper und fragt sich nach Definition und Wert des eigenen Daseins. Pressestimmen: |
|
Blutbuch
Inhalt, Verlagsbeschreibung: Die Erzählfigur in "Blutbuch" identifiziert sich weder als Mann noch als Frau. Aufgewachsen in einem schäbigen Schweizer Vorort, lebt sie mittlerweile in Zürich, ist den engen Strukturen der Herkunft entkommen und fühlt sich im nonbinären Körper und in der eigenen Sexualität wohl. Doch dann erkrankt die Großmutter an Demenz, und das Ich beginnt, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen: Warum sind da nur bruchstückhafte Erinnerungen an die eigene Kindheit? Wieso vermag sich die Großmutter kaum von ihrer früh verstorbenen Schwester abzugrenzen? Und was geschah mit der Großtante, die als junge Frau verschwand? Die Erzählfigur stemmt sich gegen die Schweigekultur der Mütter und forscht nach der nicht tradierten weiblichen Blutslinie. Dieser Roman ist ein stilistisch und formal einzigartiger Befreiungsakt von den Dingen, die wir ungefragt weitertragen: Geschlechter, Traumata, Klassenzugehörigkeiten. Kim de l’Horizon macht sich auf die Suche nach anderen Arten von Wissen und Überlieferung, Erzählen und Ichwerdung, unterspült dabei die linearen Formen der Familienerzählung und nähert sich einer flüssigen und strömenden Art des Schreibens, die nicht festlegt, sondern öffnet.
|
|
Kummer aller Art
Klug, humorvoll und mit großem Sinn für Feinheiten und Absurditäten porträtiert Mariana Leky Lebenslagen von Menschen, denen es nicht an Zutraulichkeit mangelt, wohl aber am Mut zur Erkenntnis, dass man dem Leben nicht dauerhaft ausweichen kann. |
|
Nebenan
Ein weiterer Dorfroman, nach Dörte Hansen, Juli Zeh, Henning Ahrens,... der von Alteingessenen und Neuhinzugezogenen auf dem Land handelt, den alltäglichen Situationen, ergänzt durch wahre und vermutete Bedrohungen. Eigentümlich kalt und oberflächlich werden die menschlichen Beziehungen aufgeblättert. Vielleicht liegt darin die Kunst, die den Roman auf die Longlist gebracht hat? Inhalt: Ein kleiner Ort am Nord-Ostsee-Kanal, zwischen Natur, Kreisstadt und Industrie. Mitten aus dem Alltag heraus verschwindet eine Familie spurlos. Das verlassene Haus wird zum gedanklichen Zentrum der Nachbarn. Sie alle kreisen wie Fremde umeinander, scheinbar unbemerkt von den Nächsten, sie wollen Verbundenheit und ziehen sich doch ins Private zurück. Ihre Wege kreuzen sich, ihre Geschichten verbinden sich miteinander, denn sie suchen, wonach wir alle uns sehnen: Geborgenheit, Zugehörigkeit und Vertrautheit. Luchterhand verlag, gebunden, 287 S., EUR 22.-- |
|
Zur See
|
|
Doppelleben
Und der Roman nimmt uns mit in die Gegenwelt: zu Rose, ihrer Haushälterin, die zum Hausstand gehört wie ein Möbelstück. Die unbemerkt von den Brüdern existenzielle Dramen durchlebt, sich hoffnungslos in den Falschen verliebt und von ihm schamlos ausgenutzt wird, die ein Kind austrägt, ohne dass die Brüder es bemerken, es gebiert, liebt und später auch verliert; die Trinkerin wird und ihre Dienstherrn hintergeht und bestiehlt, ohne dass diese es merken. Bis sie stirbt und den Brüdern ein Licht aufgeht … zwei Lebensläufe, die grundsätzlich anders kaum sein könnten. |
|
Die Erweiterung
|
|
Ein Sommer in Niendorfvon Heinz Strunk |
|
Radio Nacht
|
|
Nord
Inhalt, Verlagsbeschreibung: Matthes & Seitz Berlin, 220 S., S., gebunden mit Schutzumschlag, EUR 22,00 Erscheint voraussichtich am 24.11.22 |
|
Transatlantik
|
|
Weitere Neuerscheinungen Herbst 2022 |
Sebastian Guhr: Chamissimo Schirach: Nachmittage Cormack McCarthy: Der Passagier Achtsam morden 4
|