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Cyril Avery

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Cyril Avery


von John Boyne


Den Autor kennt man von "Der Junge im gestreiften Pyama" und ähnlichen Büchern über die Erlebnisse von Kindern während des 2. Weltkrieges, meist geht es um das Schickals jüdischer Kinder oder Kindern auf der Flucht, oder auch um Kinder zwischen den Fronten. Die Bücher sind vor allem für Jugendliche gut lesbare fiktive Zeitgeschichte, sehr eindrucksvoll geschrieben.

Doch der Autor ist sehr vielseitig. Er ist Autor von Geistergeschichten, spannenden Abenteuerromanen, aber auch von zeit- und sozialkritischen Romanen, wie dem vorliegenden. Wobei dieses Werk wohl die schonungsloseste Auseinandersetzung des Autors mit seiner (katholischen) Heimat Irland ist, mit der Doppelmoral der Kirche vor allem hinsichtlich von Sexualität.

Inhalt:

Seit seiner Geburt steht Cyril Averys Leben unter einem ungünstigen Stern. Als uneheliches Kind hat er nämlich keinen Platz in der konservativen irischen Gesellschaft der 1940er Jahre. Ein exzentrisches Dubliner Ehepaar nimmt ihn in die Familie auf, doch auch dort findet er nicht das Zuhause, nach dem er sich sehnt. In dem katholischen Jungeninternat, auf das sie ihn schicken, lernt er schließlich Julian Woodbead kennen und schließt innige Freundschaft mit ihm. Bis er mehr für den rebellischen Lebemann zu empfinden beginnt und auch dieser Halt für ihn verloren geht. Einsam und verzweifelt verlässt Cyril letztendlich das Land – ohne zu wissen, dass diese Reise über Amsterdam und New York ihn an den Ort führt, nach dem er immer gesucht hat: Heimat. Doch auch New York ist zu dieser Zeit (80erJahre) ein schwieriger Ort für Homosexuelle (AIDS).

Parallel zu Cyril Averys Leben erzählt der Autor die Geschichte einer Frau: von Ihrer Jugend im Dorf, ihrer Vertreibung weil unverheiratet schwanger, ihrer Suche nach einem Platz in der Gesellschaft als alleinstehende arbeitende Frau. Immer wieder kreuzen sich die Wege von ihr und Cyril Avery. Dadurch kann man die Zeit vor Averys Geburt und auch die Geschichte aus der Perspektive einer älteren Frau noch intensver erleben. Das diese mehr als zufällig ist, dürfte klar sein.

Insgesamt war ich angetan vom Wechsel zwischen Tragik und Komik im Leben des Helden, aber die Bitternis über die Zustände in Irland, wo nur durch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (und das 1993!) das Verbot von Homosexualität in Irland als Verstoß gegen Artikel 8 der Menschenrechtskonvention aufgehoben werden mußte, überwiegte doch bei der Lektüre. Auch Anhängern der katholischen Kirche wird, aber da ist man zur Zeit ja auch einiges gewohnt, das eine oder andere bitter aufstossen. Und auch die Beschreibung der Angst, der Homophobie in den 80erJahren in New York, aufgrund von AIDS, war nicht einfach zu verdauen. John Boyne hat auch viel Autobiografisches einfliessen lassen. V.a. der schwierige Prozess des Outings von Cyril nimmt einen großen Raum im Roman ein, verständlich, war mir dann aber doch zu viel.

Piper Verlag, 736 S., fester Einband, EUR 26,00

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