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2014

Nominierungen für den Kinder- und Jugendliteraturpreis 2014

 

Nominierungen Bilderbuch

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Überall Linien
Jimi Lee (Illustration)
empfohlen ab 3 Michael Neugebauer Edition, € 14,95 20 Seiten

Jurybegründung
Dieses sorgfältig und fast puristisch gestaltete textlose Pappbilderbuch regt an zum Wahrnehmen und Begreifen eines eigentlich ziemlich abstrakten geometrischen Phänomens: der Linie. Aus den zahlreichen Lochpappen, die in der Nachfolge von Eric Carles unverwüstlicher Raupe Nimmersatt erschienen sind, ragt das Werk durch seine ungewöhnlich klare Ästhetik hervor. Die abgebildeten Dinge und Figuren stehen vor einem weißen Hintergrund, es gibt keine Erzählhandlung, nur eine visuelle Folge, deren eigentliches Zentrum, oder besser gesagt: deren Zentralachse, als Aussparung in Szene gesetzt wird.
Auch die Qualität des Drucks verdient ein Lob, denn sie lässt z.B. die Materialität der für die Collagen verwendeten Papiere gut erkennen. Eine Einladung zum Sehen und zum Benennen des Gesehenen für Kleinkinder und ihre Erwachsenen.

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Herman und Rosie

Gus Gordon (Text, Illustration)
Gundula Müller-Wallraf (Übersetzung)
Eine Geschichte über die Freundschaft
empfohlen ab 5 Knesebeck Verlag € 14,95 32 Seiten

Jurybegründung


Herman und Rosie leben als Nachbarn und Seelenverwandte in New York. Er spielt Oboe, sie ist Jazzsängerin, beide lieben Hotdogs und die Filme von Jacques Cousteau. Bevor sie einander entdecken, das alltägliche Einerlei von Anonymität und Entfremdung durchbrechen und mit der Verwirklichung ihres gemeinsamen Lebenstraums beginnen, bedarf es einiger scheinbarer Katastrophen und glücklicher Zufälle. Gus Gordon arbeitet nach eigenem Bekunden „for small people and older people who like small people´s books“. Hier haben wir es mit einer Geschichte aus dem Erfahrungsraum Erwachsener zu tun, die jedoch überaus gekonnt Erzählweisen und Motive des Bilderbuchs für Jüngere verwendet und auf diese Weise altersübergreifend unterhält. Ein Bilderbuch mit Herz und Ironie, wunderbar gezeichneten anthropomorphisierten Tierfiguren, intertextuellen Anspielungen und verspielten Collage-Elementen. Auch beim wiederholten Betrachten offerieren diese noch vergnügliche Entdeckungen.

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Krümel und Pfefferminz

Delphine Bournay (Text, Illustration)
Julia Süßbrich (Übersetzung)
Wilde Tiere
empfohlen ab 5 Carl Hanser Verlag € 7,90 114 Seiten

Jurybegründung


Die Cartoons um Krümel und Pfefferminz bieten Typenkomik mit philosophischem Tiefgang. Stets ist der Frosch den anderen Tieren eine Nasenlänge voraus und fast immer bezieht er seine Überlegenheit aus Büchern. Diese regen ihn zu zunehmend manischen Projekten an, die durchaus katastrophal enden könnten, es aber nicht tun. Denn der Hase und die übrigen Tiere leisten passiven Widerstand und der Frosch schreckt am Ende doch vor der Verwirklichung seiner absurden Phantasien zurück.
Die Geschichte wird komplett szenisch erzählt, der Text enthält also ausschließlich Dialoge, die Schriftfarbe entspricht jeweils der Farbe der Figur und eine Buchseite umfasst maximal drei ungerahmte Panels. Innerhalb der Reihe ragt der nominierte Band durch seinen abgründigen Humor, die Präzision der Bildsprache und die Seitengestaltung hervor.

 

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Akim rennt
Claude K. Dubois (Text, Illustration)
Tobias Scheffel (Übersetzung)
empfohlen ab 7 Moritz Verlag € 12,95 90 Seiten  

Jurybegründung


Als der Krieg eines Nachmittags in Akims Dorf einbricht, ist mit einem Schlag nichts mehr, wie es vorher war. Die Bewohner fliehen aus den Trümmern ihrer Häuser und der kleine Junge wird von seiner Familie getrennt. Er gerät in Gefangenschaft, kann erneut fliehen und findet sich schließlich in der fragilen Sicherheit eines Flüchtlingslagers wieder. Die Form dieser Erzählung ist angemessen zurückhaltend. Der Text vermeidet Erklärungsversuche, während die Schwarz-Weiß-Zeichnungen das von Akim erlebte Grauen in Bilder fassen, wie sie auch im Skizzenbuch eines der Flüchtenden hätten stehen können. Der sachlich berichtende Text gibt dem Buch den Rhythmus vor, die Bilder nehmen den Faden auf und führen ihn (textlos) weiter, bis zur nächsten Unterbrechung durch eine Textpassage. Auf diese Weise werden die Betrachter vom verstörenden Inhalt des Buchs nicht emotional überrumpelt, sondern erhalten die Gelegenheit, sich langsam anzunähern. Dazu passt auch das versöhnliche Ende der Geschichte, das Akim im Flüchtlingslager seine Mutter finden lässt.

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Das literarische Kaledoskop
Regina Kehn (Herausgeber, Illustration)
empfohlen ab 8 Fischer KJB  € 16,99 219 Seiten


Jurybegründung


Dieses kleine literarische Hausbuch präsentiert eine exquisite Auswahl von Gedichten und kurzen Prosatexten im Spannungsfeld von James Krüss und Franz Kafka. Die Auswahl wird durch den Nonsens und das Absurde geprägt, also durch Formen und Strömungen, die im kinderliterarischen Kontext verschiedentlich schon Beachtung fanden.
Das Besondere an dieser Sammlung liegt in der Verbindung von Auswahl und visueller Form. Insbesondere die Gestaltung der Schrift schafft neue Zugänge zu den Texten, sie verlangsamt die Lektüre, lenkt die Aufmerksamkeit der Leser auf Rhythmus und Klang und auf die Bilder, die den Texten immanent sind. Das Büchlein vermittelt vielfältige literarische Erfahrungen, aber auch Wissen und Reflexion. Im Anhang finden sich nicht nur Kurzviten der Autorinnen und Autoren, mitsamt gezeichnetem Porträt, man kann dort auch sämtliche Texte in herkömmlicher Typografie und ohne Illustrationen nachlesen. 

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Die Konferenz der Vögel
Peter Sís (Text, Illustration)
Brigitte Jakobeit (Übersetzung)
empfohlen ab 8 Aladin Verlag € 24,90 160 Seiten


Jurybegründung


„Die Liebe liebt das Schwierige.
Wir sind unterwegs!“
Peter Sís hat ein aus dem 12. Jahrhundert stammendes Versepos des persischen Sufi-Mystikers Farid ud-Din Attar in eine ebenso opulente wie vielschichtige visuelle Erzählung verwandelt. Auch in dieser Form ist die tiefgründige Erzählung um den Dichter-Propheten, der die zaudernden Vögel auf eine beschwerliche Reise zu sich selbst führt, keine leichte Kost. Peter Sís, der sich dem Stoff auf dem Umweg über Jorge Luis Borgesʼ phantastische Artenlehre, „Das Buch der imaginären Wesen“, genähert und überdies Impulse aus Peter Brooks auf dem Epos gründendem Theaterstück aufgenommen hat, vereinfacht nicht. Seine symbolhafte Bildsprache schafft aber Zugänge, die auch kindlichen Betrachtern offen stehen. Ein Bilderbuch mit einem weiten Adressatenentwurf, voller Rätsel und mit viel Raum zur Imagination und zum Nachdenken.


 Nominierung Kinderbuch

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Besuch beim Hasen
Christian Oster (Text)
Katja Gehrmann (Illustration)
Tobias Scheffel (Übersetzung)
empfohlen ab 5 Moritz Verlag € 9,95 62 Seiten 

Jurybegründung


Die von Katja Gehrmann kongenial ins Bild gesetzte Geschichte bietet eine originelle Variante des Märchens vom Hasen und dem Igel: Der Hase hat sein neues Heim ebenso behaglich wie repräsentativ ausgestattet und wartet nun auf Besucher. Leider ist es keiner der Nachbarn, der das erste Mal die hübsche Türglocke betätigt, sondern der Fuchs, und der lässt keinen Zweifel daran, dass er den ihm kredenzten Karottencocktail aus der Hausbar nur als Apéritif betrachtet…
Die Geschichte lebt vom komischen Kontrast zwischen Sprache und Inhalt: In wohlgesetzten Worten wird uns hier vom Fressen-und-Gefressenwerden erzählt. Die Figuren wahren auch in den dramatischsten Situationen einen bürgerlich-gepflegten Umgangston, den Tobias Scheffel in seiner Übersetzung hervorragend getroffen hat. Ein strukturell einfacher Text, der es sprachlich und literarisch in sich hat.

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Der beste Tag aller Zeiten
Susan Kreller (Herausgeber)
Sabine Wilharm (Illustration)
Henning Ahrens (Übersetzung)
Claas Kazzer (Übersetzung)
Weitgereiste Gedichte
empfohlen ab 6 Carlsen Verlag € 24,90 130 Seiten

Jurybegründung


„Von Tieren und Telefanten“, „Wunder und andere sehr stille Angelegenheiten“, „Vom Lieben und Sehen und Lassen“, „Das Glück, das Unglück und die sieben Meter dazwischen“, „Gedichte über fast jeden“: Die Kapitelüberschriften dieser Kindergedicht-Anthologie versprechen nicht zu viel, wer sie durchblättert sieht sich in eine sehr weite Welt versetzt – voll mit Nonsens und Sprachspiel, philosophischem Hintersinn, Sinnlichkeit und Emotionalität. Neben einigen Klassikern der englischen und amerikanischen Kinderlyrik begegnen wir Autoren aus dem gesamten anglophonen Sprachraum, also auch aus Afrika, Indien, Neuseeland, Jamaika und vielen anderen Ländern. Gemeinsam mit Henning Ahrens und Claas Kazzer, die fast alle Gedichte der Sammlung übersetzt haben, hat Susan Kreller hier einen großen und lange verborgenen Schatz gehoben. Von der Qualität der Übersetzungen kann sich jeder Leser selbst ein Bild machen, denn die Texte sind auch im Original wiedergegeben.

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Papa, hörst du mich?
Tamara Bos (Text)
Annemarie van Haeringen (Illustration)
Ita Maria Berger (Übersetzung)
empfohlen ab 7 Verlag Freies Geistesleben € 13,90 42 Seiten


 Jurybegründung

„Ich finde es schön, mit dir zu reden.
Auch wenn du nichts mehr zurücksagst.
Ich rede weiter mit dir.
Um dir zu erzählen, was so passiert.
Und was alles passiert ist.
Denn du bleibst immer mein Papa.
Und ich weiß, dass du mich hörst.“ (S. 39)
Polle spricht zu seinem sterbenden Vater, auch, wenn der ihm nicht auf die übliche Art antworten kann. Als er hört, der Vater „ist nicht mehr“, geht das Gespräch trotzdem weiter, auf der verbalen und auf der piktoralen Ebene, denn dort agieren blaue und rote Stratego-Figuren, zeigen symbolisch, was dem Vater geschieht. Nicht zuletzt aufgrund dieser überzeugenden Visualisierung ragt diese anrührende Geschichte von Trauer und Trost unter den Kinderbüchern zum Thema Tod heraus. Die Gedanken und Gefühle des kindlichen Protagonisten werden nicht durch eine Erwachseneninstanz relativiert, der Text wirkt sprachlich und inhaltlich authentisch und die minimalistische Symbolsprache der Bilder lässt der Imagination den nötigen Raum.

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 Herr und Frau Hase
Die Superdetektive
empfehlung ab 9 Aladin Verlag € 12,90 256 Seiten

Jurybegründung

Mit ihren Hippie-Eltern hat es die fleißige Marlene schwer genug, da tritt auch noch die organisierte Kriminalität auf den Plan und Marlenes ohnehin schon komplizierte Welt öffnet sich ins Phantastische. Immerhin wird ihr auf diese Weise in Gestalt von Frau Hase und deren Ehemann wirksame Unterstützung zuteil und am Ende ist nicht nur der Kriminalfall gelöst, sondern Marlene kommt auch noch in den Besitz der begehrten weißen Schuhe für die Schulabschlussfeier mit Prinz Charles.
Polly Horvath hat hier einen überaus vielschichtigen phantastischen Kinderroman vorgelegt, der kräftig von ihrer Virtuosität als realistische Erzählerin profitiert. Das überbordende Spiel mit Sprachvarietäten, die zahlreichen Sprachspiele und Wortschöpfungen stellen eine Herausforderung für dessen Übersetzung dar, die Christiane Buchner bravourös gemeistert hat.
In ihrer skurrilen Detailfreude tragen die ganzseitigen Schwarz-Weiß-Illustrationen von Sophie Blackall das Ihre zum Lesevergnügen bei – auch indem sie den ohnehin schon beträchtlichen intertextuellen Horizont des Buchs erweitern.

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Königin des Sprungturms
Martina Wildner (Text)
empfehlung ab 11 Beltz & Gelberg € 12,95 216 Seiten 

Jurybegründung

In diesem Roman wird in der Rückschau die Geschichte einer abgeschlossenen Mädchenfreundschaft erzählt. Die Freundschaft als gescheitert zu bezeichnen, wäre nicht richtig, denn beide Mädchen profitieren auch von der Trennung. Nüchtern und präzise berichtet die Ich-Erzählerin von ihrer Faszination durch die schweigsame Karla und der gemeinsamen Leidenschaft für das Turmspringen, von Verbundenheit und Konkurrenz, von ihrem Wunsch, die Freundin zu verstehen und dem Verlust der gemeinsamen Basis, der sich als Folge der Aufdeckung ihres Geheimnisses zwangsläufig einstellt. So bewirken ihre rastlosen Versuche, mehr Nähe und Vertrautheit herzustellen, letzten Endes das Gegenteil – sie bringen Karla an einen Punkt, an dem sie nicht mehr verbergen kann, was sie quält, und ihre bisherigen Schutzhandlungen einstellen kann. Diese bildeten aber den Kitt in der Beziehung zur Ich-Erzählerin. Eine psychologisch ausgeleuchtete Erzählung aus dem Milieu des Leistungssports, an der Grenze zwischen Kinder- und Adoleszenzroman.

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Leo und das ganze Glück
Synne Lea (Text)
Maike Dörries (Übersetzung)
empfohlen ab 11 Verlag Friedrich Oetinger € 12,95 192 Seiten
 

Jurybegründung

Leo und Mei sind Nachbarskinder und in einer ganz eigenen, die Erwachsenen weithin ausschließenden gemeinsamen Welt zu Hause. Es ist aber keine idyllische Spielwelt, sondern eher ein Schutzraum, der Leo das Überleben in seinem von Gewalt geprägten Elternhaus ermöglicht. Was Leo tatsächlich widerfährt, erfahren wir nur in Form von Andeutungen, Metaphern und Symbolen aus der Sicht der tendenziell unzuverlässigen weiblichen Ich-Erzählerin, die weiß, dass „das Licht“ bisweilen „mehr (verbirgt) als die Dunkelheit“ (S. 29).
Ein poetischer Text über kindliches Leid und die Unbedingtheit einer Liebe zwischen zwei Kindern und ein eindrucksvolles Debüt der norwegischen Autorin. Die Geschichte hat kein Happy End, denn das im Titel verheißene Glück stellt sich allenfalls als Möglichkeit ein. Der Originaltitel lautet direkt übersetzt schlicht „Leo und Mei“.

Nominierungen Jugendbuch

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Die Sprache des Wassers
Sarah Crossan (Text)
Cordula Setsman (Übersetzung)  

empfohlen an 13 mixtvision Verlag EUR 13,90 232 Seiten

 

Jurybegründung

Die Erfahrung des Fremdseins in der Sprache bildet einen thematischen Kernbereich der Migrationsliteratur. In ihrem die Ankunft des polnischen Mädchens Kasienka in London schildernden Text hat Sarah Crossan dafür die Form eines – reimlosen und in freien Rhythmen gestalteten – Versromans gewählt. Die Schreibung in Versen verlangsamt die Lektüre und gestaltet das vorsichtig tastende Formulieren einer eigentlich hoch eloquenten Ich-Erzählerin in einer ihr noch unvertrauten Sprache nach. Im Original ist die ästhetische Funktion der Versschreibung komplexer als in der Übersetzung – es gibt zahlreiche klangliche und rhythmische Stilmittel und die Sprache ist in verschiedener Hinsicht bildhafter.
Bleibt die knappe und immer noch atmosphärisch dichte, authentisch wirkende Darstellung von Kasienkas Fremdheitserfahrungen, vom Mobbing in der Schulklasse, der Trennung ihrer Eltern, der Behauptung gegenüber der Mutter und ihrer ersten Liebe. Ein bestechend stilles und zugleich sehr emotionales Buch.

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12 Things To Do Before You Crash and Burn
James Proimos (Text)
Uwe-Michael Gutzschhahn (Übersetzung)
empfohlen ab 14 Gerstenberg Verlag EUR 12,95 118 Seiten

 

Jurybegründung

Sein Vater stellte sich dem Ich-Erzähler dieses Romans zeitlebens als ein eitler und egozentrischer Prominenter dar. Nun ist er tot und der Junge mit dem mythischen Namen Hercules wird erst einmal zu seinem Onkel nach Baltimore verfrachtet. Der hat dafür gesorgt, dass der zweiwöchige Aufenthalt für seinen Neffen zu einer Initiationserfahrung wird. Als die zwölf vom Onkel gestellten Aufgaben bewältigt sind, hat Hercules seine Illusionen über die Liebe verloren, ein Familiengeheimnis gelüftet und gelernt, den Realitäten des Lebens ins Auge zu blicken. James Proimos erzählt diese Geschichte in einem rasanten Tempo, mit viel Humor, der vor allem in den Dialogen zum Ausdruck kommt und in der Übersetzung leider nur teilweise vermittelt werden kann. Bleibt nicht weniger als eine originelle Coming-of-Age-Geschichte mit ironischen Brechungen und einem Anti-Helden, der als Erzähler sein Spiel treibt mit den Erwartungen der Leser.

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Über ein Mädchen
Joanne Hornimann (Text)
Brigitte Jakobeit (Übersetzung)
empfohlen ab 14 Carlsen Verlag EUR 15,90 224 Seiten

 

Jurybegründung

Anna ist aufgebrochen. Auf der Suche nach einem Leben jenseits der vorgezeichneten Bahnen hat sie ihre Heimatstadt verlassen und ihr Studium aufgegeben, um sich in einer veränderten Umgebung als junge Erwachsene neu zu erfinden. Dort erlebt sie eine aufwühlende Romanze mit heftiger Verliebtheit, Euphorie und großem Leid, als das Abenteuer der gegenseitigen Annäherung einen unglücklichen Ausgang nimmt.
Es ist eine der Stärken des Romans, dem Leser zunächst vorzuenthalten, dass Anna sich in ein Mädchen verliebt hat. Der Text lässt keinen Zweifel an der gesellschaftlichen Ächtung der Homosexualität, er bagatellisiert nicht die Angst der Mädchen, sich öffentlich zu ihrer Liebe zu bekennen. Dennoch steht nicht das Coming-out im Handlungsmittelpunkt, sondern die Liebesgeschichte, die der Roman mit großer Intensität und sprachlicher Klarheit erzählt. Am Ende kehrt die Ich-Erzählerin nach Hause zurück, verändert zwar, doch nach wie vor voller Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung. So unspektakulär und ehrlich wird selten von weiblicher Adoleszenz erzählt.

Cover

Wie ein unsichtbares Band
Inés Garland (Text)
Ilse Layer (Übersetzung)
empfohlen ab 14 Fischer KJB EUR 14,99 252 Seiten

 

Jurybegründung

Der Roman handelt im Argentinien der 1970er Jahre. Eine erwachsene Ich-Erzählerin lässt die Ereignisse ihrer Kindheit und frühen Jugend wieder lebendig werden: Die behütete Tochter einer wohlhabenden Familie aus Buenos Aires findet in dem ländlichen Wochenend- und Feriendomizil der Eltern ihr persönliches Paradies, das sie an der Seite der beiden Nachbarskinder durchstreift. Als die drei ungleichen Freunde älter werden, geht ihre Verbundenheit verloren. Die große Gefahr, die ihren Freunden droht, erkennt die Ich-Erzählerin nicht, denn sie lebt wie unter einer Glasglocke, die sie von den sozialen und politischen Realitäten abschirmt. In dieses Leben bricht der Terror des Militärregimes, dem ihre beiden Freunde schließlich zum Opfer fallen, wie eine Naturkatastrophe hinein.
Der Roman wird weithin aus der Sicht des erlebenden Ichs erzählt, mit einem elegischen Unterton und sehr knapp dosierten Reflexionen der erwachsenen Erzählerin. Durch diese Erzählweise gewinnt der Text ein hohes Maß an Spannung und Eindringlichkeit.

Cover

Bo
Rainer Merkel (Text)
S.Fischer Verlag EUR 22,99 688 Seiten
Ab 15


Jurybegründung

Die erzählte Zeit in diesem umfangreichen Roman umfasst nur wenige Tage, dafür hat er gleich drei jugendliche Protagonisten: Benjamin, Bo und Brilliant. Der vierte Held ist eindeutig die liberianische Hauptstadt Monrovia. Eigentlich soll der 13-jährige Benjamin seinen Vater besuchen, der dort als Entwicklungshelfer tätig ist. Stattdessen erfährt er selbst überraschend Entwicklungshilfe durch die Erlebnisse und Gespräche mit den beiden Gleichaltrigen. Bo ist ein gekonnt mit den Techniken der Spannungsdramaturgie spielender Abenteuerroman, ein vom Motiv der Initiationsreise bestimmter Adoleszenzroman und ein Großstadtroman. Dass der Verfasser den Schauplatz und insbesondere das im Roman geschilderte Entwicklungshelfermilieu gut kennt, sei nur am Rande vermerkt. Es ist ein Buch mit vielen interessanten Seiten im Grenzbereich von Jugendliteratur und allgemeiner Literatur.

Cover

Tigermilch
Stefanie de Velasco (Text)
empfohlen ab 16 Verlag Kiepenheuer & Witsch EUR 16,99 286 Seiten

Jurybegründung

Nini und Jameelah mischen ihre Schulmilch mit billigem Cognac und Maracujasaft, schwanken zwischen dem kindlichen Wunsch nach Geborgenheit und der Lust auf Grenzerfahrungen, gehen auf den Strich, um für das „Projekt Entjungferung“ zu üben und ergehen sich in Grandiositätsphantasien à la Pippi Langstrumpf. Dennoch ist ihre Pubertät keine Dauerparty, eher ein Tanz am Rande eines Abgrunds. Denn mitten im schönsten Spiel sehen sich die Mädchen plötzlich in eine Tragödie verstrickt, deren Verlauf sie nicht beeinflussen können. An dieser zutiefst verstörenden Erfahrung zerbricht nicht nur die kindlich-unbekümmerte Leichtigkeit der beiden, sondern auch ihre Freundschaft.
Mit diesem Debütwerk ist der Autorin ein beeindruckend stringent erzählter realistischer Roman gelungen, der sich nicht den Regeln lebensweltlicher Wahrscheinlichkeit unterwirft. Sie fand dafür eine eigene Kunstsprache und schuf eine unverwechselbare Erzählstimme. Ganz „krosse“ Literatur. 

Nominierung Sachbuch

Cover

Der Kartoffelkönig
Christoph Niemann (Text, Illustration)
empfohlen ab 5 Verlagshaus Jacoby & Stuart EUR 12,95 28 Seiten

Jurybegründung

Wenn die Untertanen ihrem Wohltäter misstrauen, müssen sie eben überlistet werden. Das Buch gibt die Anekdote um den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. wieder, der die Kartoffeln zum Schein von seinen Langen Kerls bewachen ließ, um die preußischen Bauern von deren Wert zu überzeugen. Auf der Bildebene wird die Geschichte mit Kartoffeldruck-Figuren erzählt, die das Loblied auf die Weisheit des reformerischen Monarchen hin und wieder ironisch konterkarieren. Christoph Niemann spielt mit Comic-Elementen, indem er Gedanken und Gefühle seiner Stempeldruckfiguren durch Bildsymbole darstellt: Eine dunkle Gewitterwolke zeigt die Wut des Königs über sein renitentes Volk, auf der nächsten Seite kommt aus der Wolke ein (Geistes-)Blitz, während die Gedankenblase der übertölpelten Bauern durch eine überdimensionale gekrönte Kartoffel ausgefüllt ist. Die Anekdote zielt auf Sinnstiftung durch Vereinfachung ab. Durch die komische Übertreibung dieser Vereinfachungsstrategie vermittelt die Bildgeschichte nicht nur den Inhalt der Anekdote, sondern auch ein Bewusstsein ihrer Fiktionalität. Eine auch schon für Vorschulkinder reizvolle Einladung zur Begegnung mit Geschichte und deren absichtsvoller Inszenierung.

Cover

Gerda Gelse
Heidi Trpak (Text)
Laura Momo Aufderhaar (Illustration)
Allgemeine Weisheiten über Stechmücken
empfohlen ab 6 Wiener Dom-Verlag EUR 14,90 24 Seiten

Jurybegründung

Die Stechmücke Gerda Gelse gehört einer gemeinhin wenig geschätzten Spezies an, für die dieses originell gestaltete Sachbilderbuch um Verständnis wirbt. Die Illustratorin verwendete Gräser und andere Pflanzenteile als Druckstöcke, um die zarte Gestalt des Insekts ins Bild zu setzen. Im Verein mit der bisweilen fast poetisch wirkenden Sprache trägt diese Art der Visualisierung dazu bei, die ästhetische Dimension des Gegenstands erkennbar werden zu lassen. Dabei wird jede Verniedlichung konsequent vermieden und ein hoher zoologischer Informationsgehalt erreicht.
Das in jeder Hinsicht gelungene Werk über ein Tier, mit dem wohl jedes Kind schon einmal in „Berührung“ kam, spricht die Neugier und Entdeckerfreude der Betrachter an und fördert eine aufgeschlossene Haltung gegenüber der Natur.

 

Cover

Die Ton-Angeber
Anna Czerwińska-Rydel (Text)
Marta Ignerska (Illustration)
Olaf Kühl (Übersetzung)
empfohlen ab 6 mixtvision Verlag EUR 14,90 44 Seiten

Jurybegründung

Dieses in kräftigen Farben, mit Anklängen an den Pop-Art-Stil illustrierte Buch beweist, dass man das Wirken und Erleben von Musik grafisch darstellen kann. Beim Betrachten der Bilder entstehen Klangvorstellungen, die keine akustische, sondern eine ausschließlich visuelle Grundlage haben. Der Text schreibt den Instrumenten menschliche Eigenschaften zu, erzählt eine Geschichte von Individualität und Zusammenspiel und trägt auf diese Weise zur Zugänglichkeit der Bilder bei. Diese bergen das synästhetische Potenzial des Buchs, das Augen und Ohren zu öffnen vermag für die Musik und die Vielschichtigkeit der Instrumente, die viel mehr sind, als Werkzeuge zur Interpretation von Kompositionen. Selbstverständlich werden Betrachter mit entsprechenden Hörerfahrungen einen anderen Zugang zu dem Buch haben, als solche, die über wenig oder gar kein musikalisches Vorwissen verfügen. Vorausgesetzt wird dieses Wissen aber nicht.

Fräulein Esthers letzte Vorstellung
Adam Jaromir (Text)
Gabriela Cichowska (Illustration)
empfohlen ab 10 Gimpel Verlag EUR 29,90 148 Seiten

Jurybegründung

Janusz Korczaks Pädagogik drückt sich sehr stark in seiner Kindern entgegengebrachten Haltung aus. Er hat sie daher in seinen Werken auch weniger erklärt als erzählt. Dieses Wesensmerkmal greifen Adam Jaromir und Gabriela Cichowska in ihrem Buch auf, indem sie auf mehreren Ebenen erzählen – in Bildern, in Texten und in unterschiedlichen Erzählsträngen. Sie bringen Passagen aus Korczaks Tagebuch in Zusammenhang mit der Geschichte eines Mädchens aus dem Waisenhaus und mit der der Erzieherin, die mit den Kindern ein Theaterstück von Rabindranath Tagore zur Aufführung brachte. Die unterschiedlichen Ebenen der teils dokumentarischen, teils fiktionalen Darstellungen werden im Text durch den Wechsel der Perspektiven kenntlich gemacht und auf der Bildebene durch Bildzitate, durch die Montage von Fotografien und Zeichnungen und durch die Typografie. Künstlerisch und sachlich überzeugend zeigt das Buch, wie wichtig Sprache, Spiel und Ästhetik für die Bewohner von Korczaks Waisenhaus waren.

Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg 
Nikolaus Nützel (Text)
Was der Erste Weltkrieg mit uns zu tun hat
empfohlen ab 12 arsEdition EUR  14,99 144 Seiten

Jurybegründung

Eines der wenigen Sachbücher für junge Leser über den ersten Weltkrieg und seine Auswirkungen auf den Verlauf der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die autobiografische Rahmung trägt nicht nur zur Anschaulichkeit der Darstellung bei, sie entlastet den Text auch von unangemessenen Objektivitätsansprüchen.
Der Verfasser hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg und stellt zum Teil etwas gewagte historische Vergleiche an. Er ermöglicht es aber dem Leser, seine Sichtweise kritisch zu hinterfragen, weil er sie gleichsam als persönlich Betroffener vorträgt. Auf diese Weise vermittelt Nikolaus Nützel nicht nur eine Fülle historisch-zeitgeschichtlichen Wissens, er trägt auch zur Ausbildung von Geschichtsbewusstsein bei.
Ein Buch, das Verständnis weckt für die Aktualität der Geschehnisse vor 100 Jahren, indem es sie im kommunikativen Gedächtnis verortet.

Nominierungen Preis der Jugendjury

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket
John Boyne (Text)
Oliver Jeffers (Illustration)
Adelheid Zöfel (Übersetzung)
empfohlen ab 12 Fischer KJB EUR 14,99 282 Seiten

Jurybegründung

Familie Brocket ist eine ganz normale Familie. Wahrscheinlich die normalste Familie in ganz Sydney. Bis Barnaby auf die Welt kommt. Von Geburt an schwebt er, was für seine Eltern die absolute Hölle ist. Für sie ist Normalität das Wichtigste. Doch so sehr er sich auch anstrengt – er schafft es nicht auf dem Boden zu bleiben. So kommt es eines schicksalhaften Tages zum Unglück: Barnaby schwebt in Richtung Himmel, lässt Sydney hinter sich und begibt sich auf eine abenteuerliche Reise…
Mit den "unglaublichen Abenteuern des Barnaby Brocket" erschafft John Boyne eine wundervolle Parabel über das „Normalsein“. Er lässt Barnaby auf Menschen und Orte treffen, die auf ihre ganz eigene Art und Weise „anders“ sind und führt dem Leser vor Augen, dass das „Anderssein“ ganz unproblematisch sein kann. Was ist normal? Was ist anders? John Boyne plädiert mit seiner Geschichte für mehr Akzeptanz und Toleranz in der Welt.

Der Roman sprüht vor Phantasie und Witz. Überall lassen sich Anspielungen auf das Weltgeschehen finden. Die Erzählweise ist sehr bildhaft und so leichtfüßig, dass man ganz schnell in Barnabys Sicht auf die Welt eintauchen kann und erst wieder auftaucht, wenn die letzte gelungene Illustration von Oliver Jeffers das Buch abschließt.

Wunder
Raquel J. Palacio (Text)
André Mumot (Übersetzung)
empfohlen ab 12 Carl Hanser Verlag EUR 16,90 284 Seiten

Jurybegründung

„Ich heiße übrigens August. Ich werde nicht beschreiben wie ich aussehe. Was immer ihr euch vorstellt – es ist schlimmer.“
Wann immer August, genannt Auggie, aus dem Haus geht, begegnen ihm entsetzte oder mitleidige Blicke. Kleine Kinder haben Angst vor ihm, man tuschelt hinter seinem Rücken. Deshalb hat er die Öffentlichkeit bisher gemieden. Doch nun, mit zehn Jahren, soll er endlich die Schule besuchen.
Auch dort begegnet man ihm mit Abscheu, niemand möchte mit ihm zu tun haben. Doch er findet zwei Freunde, Summer und Jack, auf die er sich scheinbar verlassen kann. Allerdings macht die Freundschaft mit Auggie auch diese beiden zu Außenseitern, womit sie unterschiedlich umgehen. August kämpft um Anerkennung – unterstützt von seinen neuen Freunden und seiner Familie.
Dieses Buch begeistert alle Altersgruppen. Das oft genutzte Motiv, dass es auf die inneren Werte ankommt, wird hier neu und ohne mahnenden Zeigefinger umgesetzt. Durch wechselnde Perspektiven kann der Leser nicht nur die Gefühle und Handlungen Auggies, sondern auch die seines Umfeldes verstehen. Der Leser entwickelt sich mit den sympathischen Charakteren. Die flüssige Sprache und die zahlreichen Details lassen die Geschichte persönlich und lebensnah wirken. Der Roman berührt den Leser und regt zum Nachdenken an. 

 

2084 - Noras Welt 
Jostein Gaarder (Text)
Gabriele Haefs (Übersetzung)
empfohlen ab 12 Carl Hanser Verlag EUR  14,90 192 Seiten

Jurybegründung

Im Jahr 2084 sind die Folgen des Klimawandels deutlich spürbar. Halb Europa ist eine Wüstenlandschaft und Millionen von Klimaflüchtlingen ziehen auf der Suche nach einer neuen Heimat mit ihren Kamelen gen Norden.
Die junge Nora lebt im Norwegen der Gegenwart und ahnt noch nichts von den Ausmaßen der kommenden Katastrophe, bis sie eines Nachts im Traum ihrer Ur-Enkelin Nova begegnet. Nova wirft der Urgroßmutter und deren Generation vor, durch passive Rücksichtlosigkeit dem Klimawandel Vorschub geleistet und gedankenlos gegenüber ihren Nachkommen gehandelt zu haben. Auf diese Anklage hin fasst Nora den Entschluss, aktiv zu werden.
In einer guten Mischung aus mitreißender Story und interessanten Fakten behält der Romancharakter die Oberhand. Das Buch präsentiert glaubhaft eine ungeschönte Zukunft, die ohne die klassischen Sciencefiction-Elemente auskommt. Durch die Zeitsprünge bringt Jostein Gaarder die Generationen geschickt in Dialog. Das brisante Thema schafft einen intensiven Zugang zum Leser und lässt ihm doch Freiräume zur eigenen Meinungsbildung. Damit hebt sich dieser Text entscheidend von anderer Umweltliteratur ab.

 

Die Nacht gehört dem Drachen
Alexia Casale (Text)
Henning Ahrens (Übersetzung)
empfohlen ab 13 Carlsen Verlag EUR 14,90

Jurybegründung

Vom Titel her könnte man glauben, es gehe um Mystery oder Fantasy. Das ist ganz und gar nicht so: Es geht um die harte Wirklichkeit für Evie und ihre Adoptivfamilie. Durch die Häufung dramatischer Ereignisse wird klar, dass nur wer Leid kennt, auch Leid sieht und den Mut aufbringt, zu handeln. Das hilft am Ende, das Dunkle im Leben der sympathischen Hauptpersonen zu überwinden.
Obwohl am Ende ungewiss bleibt, was Evie genau passiert ist (der Leser erfährt nur wenig über die Misshandlungen in ihrer Herkunftsfamilie), wirkt das Buch nicht beunruhigend, weil alles aus der Rückschau erzählt wird. Es ist wichtig, dass über dieses Thema geschrieben wird und sensibler kann es nicht erzählt werden. Dazu tragen vor allem die phantastischen Nacht-Geschichten bei, deren gut übersetzte genaue und lyrische Sprache eine geheimnisvolle Welt entfaltet. Die Idee, aus der eigenen abgebrochenen Rippe einen Drachen zu schnitzen und diesen zum Leben zu erwecken, finden wir großartig. Daneben ist die Schilderung des Alltags ein Stärke des Buchs: Dieselben „Fieslinge“, die jedem in der Schule das Leben schwer machen, treiben auch hier ihr Unwesen. Die Lehrer sind mehr oder weniger gerecht, Ärger mit den Eltern wird nicht ausgespart. Die Autorin lässt dem Leser genug Zeit zum Nach- und Selberdenken, sodass nicht alles auf einem Silbertablett serviert wird. Nicht zuletzt hat uns das Cover angesprochen: Es passt auffallend gut zur Geschichte und macht neugierig.

 

Wie ein leeres Blatt
Boulet (Text)
Pénélope Bagieu (Illustration)
Ulrich Pröfrock (Übersetzung)
empfohlen ab 13 Carlsen Verlag € 18,40 208 Seiten

Jurybegründung

„Eloïse Pinson, 10, Rue de Nancy 75010 Paris“, das sagt der jungen Pariserin Eloise nichts. Sie hat ihr Gedächtnis verloren. "Wie ein leeres Blatt" ist aber keine Geschichte über das Vergessen, sondern über das Finden und Entwickeln einer individuellen Persönlichkeit, die von dem „leeren“ Leben der Protagonistin fortführt.
Die Verknüpfung von Text und liebevollen, ausdrucksstarken Zeichnungen macht diese Graphic Novel so besonders. Sie beschreibt, wie sich Eloïse auf charmante, lustige und anrührende Weise auf die Suche nach sich selbst begibt und ihr Leben dabei in allen Facetten aus einem anderen Blickwinkel betrachtet.
„Na gut. Nochmal ganz von vorn“, eine Einladung zur Selbstfindung, die sich wie ein roter Faden durch die Handlung zieht. Rätsel und Spannung inspirieren die Protagonistin zum inneren Monolog, der unerwartete Sichtweisen preisgibt. Die Authentizität stellt innovativ die Perfektion und Belehrung in den Schatten. Es zählt, was wir aus unserem Leben machen. Es zeugt von Plan und Struktur, dieser Thematik durch ein rosarotes Cover eine optimistische Ausstrahlung zu verleihen. Bereits der Titel und die Umschlagillustration wecken Neugier. Das schwarze Gummiband schützt das Buch wie einen Schatz. Eine starke Komposition.

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