Leipz.Buchpr.17
Die Nominierten in der Sparte Belletristik:
Lukas Bärfuss: Hagard Ein Mann, eben stand er noch am Eingang eines Warenhauses, folgt aus einer Laune heraus einer Frau. Er kennt sie nicht, sieht sie auch nur von hinten - und macht es sich zur spielerischen Aufgabe, sie in der Menge nicht zu verlieren. In einer knappen Stunde hat Philip ohnehin einen Termin. Aber schon fragt er sich, ob der nicht auch zu verschieben wäre, bis zur Abendverabredung bliebe ja noch etwas Zeit…. Wallstein Verlag, 174 S., EUR 19,90 Erscheint 27.02.17 Die Jury Auf den Spuren eines Verfolgers, der einer rätselhaften Obsession gehorcht, zieht uns Lukas Bärfuss in den atemlosen, seltsam unheimlichen Sog einer Stadt-Odyssee. Ein szenisch kunstvoll konstruierter Psycho-Noir, der heutige Lebenswelten schräg bis surreal beleuchtet. |
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Brigitte Kronauer: Der Scheik von Aachen Für Mario setzt Anita alles auf eine Karte: Sie gibt ihren Job in Zürich auf und zieht zurück in ihre Heimatstadt Aachen. Dort wohnt auch ihre Tante Emmi, der sie sich sehr verbunden fühlt, die allerdings die Beziehung zu Mario skeptisch betrachtet. Der Antiquitätenhändler Marzahn dagegen, bei dem Anita eine Anstellung findet, ist von Anitas schwärmerischer Liebe fasziniert. Besessen versucht er, ihr die Liebe in all ihren Schattierungen zu erklären. Auch die Geschichten, die Anita in Anlehnung an Wilhelm Hauffs Zyklus "Der Scheik von Alessandria und seine Sklaven" ihrer Tante zu deren Zerstreuung erzählt, kreisen um dasselbe Thema. Klett-Cotta, 399 S., EUR 22,95. 9/2016 Die Jury: Brigitte Kronauer ist die Löwenbändigerin der deutschen Syntax, ihr Stil gleichermaßen mündlich wie brillant. Szenenstark erzählt Kronauer von Technik und Verwilderung, Trümmerlandschaften und Fluchtbewegungen und von den tollkühnen Sprachexzessen, die Liebende und Trauernde teilen. |
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Steffen Popp: 118 Gedichte, Reihe Lyrik 52 Das Periodensystem der Elemente weist 118 bekannte chemische Elemente aus. Dieser strengen Ordnung steht eine Vielfalt von Gegenständen und Lebewesen, Phänomenen und Prozessen gegenüber. Ziel und Spiel von Steffen Popps neuem Buch ist, eine Auswahl dieser Gegenstände und Phänomene poetisch zu fassen – von Salz bis Esprit, von Monster bis Flaum, von Parallelerde bis Zeug. Auf diese Weise entstehen hinreißende kleine Tableaus, frech, witzig und originell, klangvoll und rhythmisch arrangiert, die aus dem chemischen gleichsam ein poetisches Periodensystem bilden. kookbooks Seel, EUR 19,90 20.02.17 Die Jury: Die Welt in ihrer Komplexität und Fülle ist aus nur 118 chemischen Elementen aufgebaut. Steffen Popp hat seinem Erstaunen über diesen Kontrast, über das Viele, das aus so wenigem entsteht, in 118 Gedichten leichten und schwungvollen Ausdruck verliehen. |
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Anne Weber: Kirio Kirio muss man einfach verfallen: Er läuft gern auf den Händen und stellt auch sonst alles auf den Kopf. Er spielt Flöte und redet mit Steinen und Fledermäusen ebenso selbstverständlich wie mit Menschen. Er nimmt alles für bare Münze, bis auf die bare Münze selbst. Er vollbringt Wunder über Wunder und merkt es nicht. Anne Webers neuer Roman ist ein poetischer Grenzgang zwischen Himmel und Erde, eine zauber- und rätselhafte Geschichte, witzig, intelligent und anspielungsreich, die in der experimentellen Tradition der Moderne steht. S. Fischer, 224 S., EUR 20.- Erscheint 23.02.17 Die Jury: Wer ist Kirio – und wer spricht? Nichts ist sicher in diesem funkensprühenden Roman, der von einem Wunderwesen und dessen Wanderungen quer durch Frankreich bis nach Deutschland erzählt. Ein moderner Schelmenroman voller Sprachphantasie und Komik. |
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Natascha Wodin: Sie kam aus Mariupol Natascha Wodin erzählt die Geschichte ihrer Mutter, die aus der ukrainischen Hafenstadt Mariupol stammte und in die Fänge zweier Diktaturen geriet: Als junge Frau erlebt sie den Untergang ihrer Adelsfamilie im stalinistischen Terror, wird 1944 von den Nazis als „Ostarbeiterin“ nach Deutschland verschleppt, überlebt die Zwangsarbeit und zerbricht daran. Nach intensiven Recherchen zeigt Natascha Wodin in ihrem Buch über ihre Mutter historisch aufschlussreich, fesselnd und plastisch, wie das Zeitgeschehen in das Leben einzelner eingreift und bringt dem Leser ein Schicksal nahe, das beispielhaft für Millionen andere stehen kann. Rowohlt, 368 S., EUR 19,95 02/17 Die Jury Natascha Wodin forscht nach ihrer Mutter, die im Zweiten Weltkrieg aus der Ukraine nach Deutschland deportiert wurde. Eine literarische Biographie, die an die Geschichte der Zwangsarbeiter erinnert, und eine persönliche Spurensuche, die dem Verlorenen eine Sprache gibt. |