Personal tools
Document Actions

2015

Preisträger 2015 - Bilderbuch

Herr Schnuffels David Wiesner (Text, Illustration)
Herr Schnuffels
Aus dem Englischen von Paula Hagemeier
Aladin Verlag
€ 16,90 (D) ,€ 17,40 (A) ,sFr 25,90

Ab 5

Jurybegründung

Kaum Text enthält dieses Bilderbuch, allein die Illustrationen erzählen die schräge Geschichte vom Raumschiff mit den Außerirdischen, das mitten im Wohnzimmer landet und die Ruhe des Katers Herr Schnuffels stört. Wiesner durchbricht mit dieser überraschenden Geschichte, die im Gegensatz zu der konventionellen Gestaltung des Buchcovers steht, die Erwartungshaltung des Betrachters. Herr Schnuffels ist keine süße Katzengeschichte, sondern Sciencefiction in Bilderbuchform, die augenzwinkernd mit dem Genre spielt. Die fiktionale Handlung bildet einen Kontrast zu dem realistischen Stil der bildlichen Darstellung. Alles ergibt einen Sinn und ist durchdacht – von der Geheimsprache, in der sich die Außerirdischen unterhalten, bis hin zu Bezügen in der Kunstgeschichte wie der Hiero-glyphenschrift und der Höhlenmalerei.

Mit dieser Gestaltung lässt der Autor der Phantasie des Betrachters viel Raum für eigene Geschichten. Er macht auf verschiedenen Ebenen damit bekannt, wie Zeichen und Bilder als Medien der Kommunikation genutzt werden können, und ermöglicht damit einen ersten Zugang zur Bild- und Schriftkultur. Durch seine konsequente Aufteilung in Panels ist das Bilderbuch ein Vorläufer für Graphic Novels und kann so an die Rezeption dieser grafischen Art des Erzählens heranführen.

Preisträger 2015 - Kinderbuch

Der Träumer Pam Muñoz Ryan (Text)
Peter Sís (Illustration)
Der Träumer
Aus dem Englischen von Anne Braun
Aladin Verlag
€ 16,90 (D) ,€ 17,40 (A) ,sFr 25,40

Ab 10

Jurybegründung

Neftalí ist ein Sammler, er trägt zusammen, was er findet, ganz gleich ob Glas-scherben oder Tannenzapfen. Er sammelt auch Wörter, die in seinen Notizbüchern zu Aufsätzen, Geschichten und Briefen werden. Er liebt die Welt und wünscht sich, ebenfalls geliebt zu werden. Doch gerade das Verhältnis zum jähzornigen, strengen Vater macht es oft schwer für den Jungen.

Pam Muñoz Ryan erschafft eine besondere Kinderwelt mittels vieler Detail-beobachtungen und erzählt sprachlich überzeugend eine Familiengeschichte. Sie verbindet damit ein Plädoyer für eine Kindheit, in der Kinderperspektiven ebenso wie das natürliche Gespür für Gerechtigkeit und Schönheit einen Platz finden. Sie zeigt, wie auch nicht auf Effektivität gerichtetes Handeln zu persönlicher Erfüllung führen kann. Denn Neftalí wird ein berühmter Dichter, der unter dem Pseudonym Pablo Neruda schreibt. Die Erwartungshaltung ehrgeiziger Eltern und die Selbstbehauptung dagegen, eine fremde Lebenswelt, nicht zuletzt auch die Auseinandersetzung mit Literatur werden behandelt. Der Träumer öffnet den Blick für fremde Erzähl-traditionen.

Auf typografischer Ebene werden Sprache, Geräusche und Gedanken anschaulich umgesetzt und der Haupttext wird durch Gedichtzeilen und Fragen ergänzt. Peter Sís’ filigrane Zeichnungen korrespondieren mit der Zartheit des Themas. Die Übersetzung von Anne Braun fühlt sich sensibel in den Erzählfluss ein und gibt den poetischen und behutsamen Stil des Textes wieder.

Preisträger 2015 - Jugendbuch

Schneeriese Susan Kreller (Text)
Schneeriese
Carlsen Verlag
€ 14,90 (D) ,€ 15,40 (A) ,sFr 21,90

Ab 12
Jurybegründung

Wie wird aus Freundschaft Liebe und was ist, wenn sich nur bei einem der Beteiligten die Empfindung verändert? Susan Kreller erzählt von Adrian und Stella, die als Nachbarn ihre Kindheit miteinander verbracht haben und deren Beziehung sich im Chaos der Pubertät neu ordnet. Denn Stella verliebt sich auf einmal in einen anderen Jungen, Adrian aber entdeckt, dass er Stella liebt. Wie sich die Beziehung wandelt, welche Bedeutung zuvor die Freundschaft der beiden hatte, beschreibt die Autorin mit großer Klarheit und bleibt ganz bei ihrem Protagonisten.

Wie Kay in der Schneekönigin wird Adrian erfüllt von Hass und Kälte. Intertextuelle Bezüge zu Andersens Märchen sind schon im Titel bestimmendes Gestaltungs-element dieses Romans, der von einem überaus kunstvollen Umgang mit Sprache zeugt und reich an ungewöhnlichen Metaphern und Wortschöpfungen ist. Die Figuren, auch die erwachsenen, sind plastisch und plausibel charakterisiert, vor allem aber Adrian, der Riese, der wächst und wächst. Mit ihm schafft Kreller einen „Helden“, der nicht darunter leidet, zu klein zu sein. Vielmehr ist Adrian eine Identifikationsfigur für alle, die sich in der Pubertät vom Äußeren her als zu groß empfinden, innerlich aber noch „Größe“ entwickeln müssen. Wie er diese Kämpfe letztendlich besteht, ist sehr klar und berührend geschildert.

Preisträger 2015 - Sachbuch

Platzkopfsieger.jpg Christina Röckl (Text, Illustration)
Und dann platzt der Kopf
Kunstanstifter
€ 26,50 (D) ,€ 27,30 (A) ,sFr 36,90

Ab 5

Jurybegründung

Wie kann man die Seele erfassen? Wie soll man sie erklären? Sicher ist es schwierig, sich einem so komplexen und vielschichtigen Thema im Stil herkömm-licher Sachbücher zu widmen. Christina Röckl hat einen originellen und innovativen Zugang zu diesem philosophischen Thema gewählt, indem sie Aussagen von Kindern über die Seele in bildgewaltige Illustrationen übersetzt und dafür Elemente von Kinderzeichnungen aufgreift.

Wissen wird hier nicht durch Fakten vermittelt, sondern durch eine sinnliche Annäherung, die dem Gegenstand des Buchs in der „Darstellung des Nichtdar-stellbaren“ angemessen ist. Trotzdem kann es als Sachbuch eingeordnet werden, weil es elementare Fragen des abstrakten Begriffs Seele aufgreift. Mit ihren expressiven und farbintensiven Illustrationen, die sich nachhaltig im Gedächtnis des Betrachters verankern, regt die Künstlerin zum Phantasieren und Reflektieren über die Seele an. Und dann platzt der Kopf ist ein ungewöhnliches, vielleicht sogar verstörendes Sachbuch, das die Grenzen der Sparte erweitert und deshalb auch zur Auseinandersetzung mit der Form auffordert, in der Informationen vermittelt werden können. Die Wahl des Themas, dessen assoziative Umsetzung und künstlerische Gestaltung zeigen hohe Buchkunst, die die Möglichkeiten des gedruckten Buchs zum Ausdruck bringen.

Preisträger 2015 - Preis der Jugendjury

wnr596811564.jpg David Levithan (Text)
Letztendlich sind wir dem Universum egal
Aus dem Englischen von Martina Tichy
Fischer FJB
€ 16,99 (D) ,€ 17,50 (A) ,sFr 24,50

Ab 14

Jurybegründung
„Ich will bleiben. Ich bete darum, zu bleiben. Ich schließe die Augen und wünsche mir, zu bleiben.“ (S. 41)
David Levithan beschreibt das Leben von A. A wacht jeden Morgen in einem anderen Körper auf, mal als Junge, mal als Mädchen. Er selbst hat sich an diese Herausforderung gewöhnt. Er achtet darauf, sich nicht zu stark auf die einzelnen Leben einzulassen, keine Spuren zu hinterlassen und nicht aufzufallen.
Doch dann verliebt A sich unsterblich in Rhiannon und will mit ihr zusammen sein. Als A ihr offenbart, was mit ihm los ist, ist sie skeptisch. Kann sie jemanden lieben, dessen Schicksal es ist, jeden Tag ein anderer zu sein? Doch Rhiannon hört auf ihr Inneres, öffnet sich A und lässt sich auf den Versuch einer Beziehung ein. Diese wird durch die extremen Körperwechsel sehr kompliziert. Der Autor hat es geschafft, eine glaubwürdige und schöne Liebesgeschichte zu schreiben, die den Leser mit philosophischen Gedankenspielen zum Nachdenken anregt. So ist das Buch eine Konfrontation mit dem „Leben“ und sensibilisiert für das Gegenüber.
You are here: Home Jugendliteraturpreis Archiv 2015